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Sozialrecht

Schwerbehinderung und Antragstellung

Soziale Einschränkungen, die aufgrund von Krankheit, Unfall oder bereits seit der Geburt bestehen, können als Behinderung gemäß §§ 152 ff. SGB IX amtlich festgestellt werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Zur Überprüfung der Behinderteneigenschaft Ihres Kindes muss ein schriftlicher oder persönlicher Antrag bei der zuständigen Stelle gestellt werden. Sie erhalten das Formular auf der Internetseite Ihrer Kommune, bzw. bei dem für Sie zuständigen Versorgungsamt https://www.bih.de/integrationsaemter/kontakt/ (Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen). Hier können Sie schauen, welches Versorgungsamt für Sie zuständig ist.

Die zuständige Behörde möchte sich bei Bedarf mit den von Ihnen im Antrag benannten Ärzten und Institutionen in Verbindung setzen. Hierzu benötigt die Behörde die Entbindung von der (ärztlichen) Schweigepflicht, die Sie in den Fällen unterschreiben sollten, die Sie für richtig halten.

Das Verfahren wird beschleunigt, indem Sie selbst Ihrem Antrag aussagekräftige, medizinische Befundberichte zum angeborenen Herzfehler und anderen Einschränkungen beifügen. Sorgen Sie im Vorfeld dafür, dass in den Unterlagen neben der Erkrankung aus medizinischer Sicht auch die Einschränkungen im Alltag gut und reichhaltig beschrieben sind. Im Schwerbehindertenrecht werden die körperlichen, seelischen und kognitiven Belastungseinschränkungen und die daraus entstehenden Teilhabebeschränkungen im Alltag begutachtet.

Je anschaulicher Ihr behandelnder Arzt dem Versorgungsamt die Leistungseinbußen und Einschränkungen schildert, umso gerechter kann die Bewertung ausfallen. Die Wortwahl und Ausführung im Arztbrief, oder auch dem Bericht des Therapeuten kann entscheidend für eine “faire” Einstufung nach dem Schwerbehindertenrecht sein. Auch wenn es dem jungen Patienten nach einer Herzoperation wieder besser geht, ist es für die Beurteilung einer möglichen Behinderung wichtig, dass die behandelnden Ärzte die verbliebenen Einschränkungen umfangreich beschreiben. Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, sollten ebenso aus den anderen gesundheitlichen Bereichen Berichte mit entsprechenden Inhalten eingereicht werden. Das sind wesentliche Inhalte, durch die der ärztliche Gutachter zu einer gerechten Einstufung finden kann.

Der Grad der Behinderung (GdB) gibt die Schwere einer Behinderung an und ist abgestuft in Zehnergrade von 20-100. Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, so können diese im medizinischen Gutachten einzeln gewertet werden. Der Gesamt-GdB ist nicht eine Summe der Einzel-GdB sondern wird in der wechselseitigen Beziehung betrachtet. Der umfangreichsten Beeinträchtigung werden die nachfolgenden mit max. 20 GdB hinzuaddiert.

Welche Vorteile bietet ein Schwerbehindertenausweis?

Die Feststellung einer Behinderung ermöglicht den Eltern herzkranker Kinder so genannte Nachteilsausgleiche in Anspruch zu nehmen. Die Nachteilsausgleiche sind abhängig von der Art der Behinderung, dem zuerkannten GdB sowie den möglichen zusätzlichen Merkzeichen.

Menschen, die einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 haben gelten als schwerbehindert. Personen, bei denen die Voraussetzungen für eine Schwerbehinderung nicht vorliegen, jedoch deren GdB 30 oder 40 beträgt, können bei der Agentur für Arbeit eine Gleichstellung im Arbeitsleben erhalten.
Ein Behinderten-Pauschbetrag bei der Steuererklärung kann bereits ab einem GdB von 20 geltend gemacht werden. Je höher der GdB vergeben wird, desto höher ist der Pauschbetrag.

Bei Feststellung einer Schwerbehinderung, ab GdB von 50, erhalten in Deutschland lebende Menschen einen Schwerbehindertenausweis in Form einer Plastikkarte. In der Steuererklärung kann bei einem GdB von unter 50 der Bescheid vorgelegt werden.

In der Schwerbehindertenausweisverordnung werden mögliche Merkzeichen genannt, die je nach Art und Schwere der Behinderung zuerkannt werden können. Sie werden ebenfalls von der zuständigen Behörde festgelegt und ihr Vorliegen ist bei Kindern mit Behinderung oft ausschlaggebender als ein hoher GdB. Fortlaufend einige Beispiele:

  • Merkzeichen “H” (hilflos) berechtigt zur Freifahrt im öffentlichen Nahverkehr bei Vorlage des
Schwerbehindertenausweis. Zusätzlich kann eine Kfz-Steuerbefreiung beantragt werden.
    Behinderungsbedingter Pauschbetrag 7.400,00 €. Wird der Pauschbetrag für das Merkzeichen „H“ eingesetzt, kann der Pauschbetrag für den Grad der Behinderung nicht mehr berücksichtigt werden.
  • Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung) berechtigt zur Freifahrt im öffentlichen Nahverkehr bei Vorlage des Schwerbehindertenausweises mit Wertmarke. Zusätzlich kann eine Kfz-Steuerbefreiung beantragt werden.
  • Merkzeichen “G” (die Bewegungsfähigkeit im öffentlichen Straßenverkehr ist deutlich eingeschränkt)
    berechtigt zur Freifahrt im öffentlichen Nahverkehr bei Vorlage des Schwerbehindertenausweises mit Wertmarke. Alternativ kann eine Kfz-Steuerermäßigung um 50% beantragt werden
  • Merkzeichen “B” (als Folge der Behinderung ist die ständige Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nötig)
    Das Merkzeichen B berechtigt zur unentgeltlichen Beförderung einer Begleitperson im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Es besteht keine Verpflichtung dazu eine Begleitperson mitzunehmen. Einzelne Institutionen gewähren freien oder ermäßigten Eintritt für die Begleitperson.

Die KFZ-Steuerbefreiung, bzw. Ermäßigung ist gekoppelt an den Zeitpunkt der Ummeldung des Kfz auf das betroffene Kind mit dem entsprechenden Merkzeichen.

Die Kosten der Wertmarken erfahren Sie bei Ihrem zuständigen Amt.

Die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale in Höhe von 4500,00 € kann in der Steuererklärung für die Merkzeichen „H“ und „aG“ angesetzt werden. Dies entspricht einer Fahrleistung von 15.000 km bei angenommen Kosten von 0,30 €/km. Darüberhinausgehende Fahrleistungen und sonstige Kosten können bei vorliegenden Nachweisen, z.B. Terminkalender und Fahrtenbuch, anerkannt werden.
Die Kosten für Fahrten zur ambulanten Behandlung können bei einigen Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis übernommen werden. Die Ausnahmefälle hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in der Krankentransport-Richtlinie festgelegt. Die Fahrt muss aus medizinisch zwingenden Gründen notwendig sein und es muss eine dauerhafte Einschränkung der Mobilität vorliegen, so dass die Nutzung eines Pkw oder öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich ist. Das trifft auf Versicherte zu, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen “aG” (außergewöhnliche Gehbehinderung), “Bl” (Blindheit) oder “H” (Hilflosigkeit) haben oder die Pflegebedürftigkeit der Pflegegrade 3, 4 oder 5 vorliegt. Bei Personen mit Pflegegrad 3 muss zusätzlich die dauerhafte Mobilitätsbeeinträchtigung durch sowohl somatische als auch kognitive Ursachen ärztlich festgestellt und bescheinigt werden. Die Übernahme der Fahrtkosten sollte vor Fahrtantritt mit der Krankenkasse abgestimmt werden.

Ein Behindertenpauschbetrag kann in der Einkommenssteuererklärung ab einem GdB von 20 angesetzt werden. Der Betrag staffelt sich aktuell von 384,00 € bei einem GdB von 20 bis zu einem Betrag von 2840,00 € bei einem GdB von 100.

Wir informieren hier zu den wichtigsten steuerlichen Nachteilsausgleichen für Eltern mit herzkranken Kindern im Zusammenhang mit einer anerkannten Behinderung. Weitere Nachteilsausgleiche und Informationen finden Sie in unserer Broschüre “Sozialrechtliche Hilfen”.

Mehr Infos

Broschüre "Sozialrechtliche Hilfen"

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Foto: istock/stocknshares